Übersicht
Neurologisch beeinträchtigte Darmabschnitte bei Spina bifida
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Mund / Rachen
Funktionen
Nahrungsaufnahme, Nahrungsverkleinerung, Durchsetzung der Nahrung mit Speichel, Schlucken. Übergang in die Speiseröhre.
Besonderheiten
Schluckstörungen bei neurologischen Störungen der Nerven, die das Schlucken ermöglichen. Hierdurch ist das Einatmen von Nahrungsbestandteilen (Aspiration) mit entzündlichen Veränderungen der Bronchien und Lunge möglich. Vgl. Speiseröhre.
Speiseröhre (Ösophagus)
Funktionen
Überleitung (aktiver Transport) der Nahrung vom Mund in den Magen.
Besonderheiten
Rückfluss von Nahrung aus dem Magen
a) mit schmerzhafter Entzündung im unteren Bereich der Speiseröhre (Refluxösophagitis);
b) Einatmen von Mageninhalt, der über die Speiseröhre in den Mund gelangen kann. Beide Störungen können durch eine stärkere Verstopfung und durch Fettleibigkeit verstärkt werden.
Magen (Gaster)
Funktionen
Vorübergehende Speicherung der Nahrung und beginnende Verdauung. Überleitung (aktiver Transport) der Nahrung in den Zwölffingerdarm. Besonderheiten
Rückfluss von Nahrung aus dem Magen in die Speiseröhre. Zur künstlichen Ernährung kann in den Magen eine PEG-Sonde (PEG: perkutane endoskopische Gastrostomie) gelegt werden.
Zwölffingerdarm (Duodenum)
Funktionen
Verdauung.
Besonderheiten
Selten (bei Dauerstress): Geschwürbildung.
Dünndarm (Ileum)
Funktionen
Verdauung.
Besonderheiten
Aus dem Dünndarm können Teile zur Erweiterung der Harnblase (Blasenaugmentation), zur Bildung einer künstlichen Harnumleitung (z.B. eines Pouches oder Kolonkonduits) herausgelöst werden. Bei Verwendung des Überganges zwischen Dünndarm und Dickdarm (Ileozäkalklappe) kann der Gallenstoffwechsel gestört sein, was mit Durchfällen und Vitaminverlusten (Folsäure, Vitamin B12) verbunden sein kann.
Blinddarm (Caecum) mit Wurmfortsatz (Appendix vermiformis)
Lage
Rechter Unterbauch.
Funktionen
Verdauung.
Besonderheiten
Aus dem Übergang von Blinddarm (Caecum) und Dünndarm (Ileum) können Teile zur Erweiterung der Harnblase (Blasenaugmentation), zur Bildung einer künstlichen Harnumleitung (z.B. eines Pouches) herausgelöst werden. Hierbei wird der Wurmfortsatz in den Nabel verlagert und eröffnet, was eine Katheterentleerung des Pouches ermöglicht. Bei Verwendung des Überganges zwischen Dünndarm und Blinddarm (Ileozäkalklappe) können wegen eines gestörten Gallenstoffwechsels gehäuft Durchfälle und Vitaminverluste auftreten.
Der Wurmfortsatz kann (unten rechts) durch die Bauchdecken geleitet und (operativ) eröffnet werden (Appendikostomie). So wird eine Spülung des gesamten Dickdarmes zur Reinigung von Stuhl möglich (vgl. Anleitung: Operative Verbesserung der Darminkontinenz).
Aufsteigender Grimmdarm (Colon ascendens)
Lage
Im rechten Unter- bis zum rechten Oberbauch.
Funktionen
Stoffwechsel: Aufnahme von Stoffen (Absorption): Elektrolyte, wasserlösliche Substanzen. Abgabe / Ausscheidung von Stoffen (Exkretion): Metalle, Calcium, Schleim. Transport des Darminhaltes in Richtung Mastdarm durch gerichtete Darmbewegungen (Peristaltik).
Querverlaufender Grimmdarm (Colon transversum)
Lage
Querer Verlauf vom rechten zum linken Oberbauch. Unmittelbare Nachbarschaft zum Magen; deshalb gelegentlich (z.B. bei Verstopfung) Ursache von Magenbeschwerden, Rückfluss von Mageninhalt, Übelkeit und/oder Erbrechen.
Funktionen
Stoffwechsel: Aufnahme von Substanzen (Absorption): Fette, Stärke, Eiweiße. Ausscheidung: Entgiftung, Transport des Darminhaltes durch gerichtete Darmbewegungen (Peristaltik) in Richtung Mastdarm.
Neurologisch beeinträchtigte Darmabschnitte bei Spina bifida
In den gelähmten oder teilgelähmten folgenden Darmabschnitten ist der gerichtete Transport von Stuhl in Richtung des Darmausganges (Peristaltik) in unterschiedlichem Ausmaß gestört. Hierdurch verbleibt - ohne Behandlung - der Stuhl länger im Enddarm. Deshalb wird ihm vermehrt Wasser entzogen, wodurch eine Verhärtung (Obstipation) eintritt.
Absteigender Grimmdarm (Colon descendens)
Lage
Das C.d. reicht vom linken Rippenbogen bis knapp oberhalb der linken Leiste, eine Füllung mit eingedicktem Stuhl ist durch die Bauchdecken zu tasten.
Funktionen
Stoffwechsel: Hauptsächlich Wasseraufnahme + Wasserausscheidung, Entgiftung. Transport. Bei Dehnung des Darmabschnittes erfolgt eine gerichtete Bewegung in Richtung Darmausgang. Bei Lähmungen ist dieser Transport gestört.
Besonderheiten
Bei bestehender (Teil-) Lähmung verbleibt der Stuhl länger als normal in diesem Darmabschnitt. Durch den Entzug von Wasser entsteht eine krankhafte Ansammlung von festem bis hartem Stuhl (Obstipation). Bei stärkerem Kotrückstau wird der Magen angehoben, was einen Rückfluss (Reflux) vom Magen in die Speiseröhre verursacht oder verstärkt.
Eine chronische Übererregbarkeit (Reizdarm) kann Ursache von Durchfällen sein.
Teile dieses Darmabschnittes können zur Bildung einer künstlichen Harnumleitung (hier: Kolonkonduit) oder eine Vergrößerung der Harnblase (Blasenaugmentation) verwendet werden.
Sigma-ähnlicher Grimmdarm (Colon sigmoideum, kurz: Sigma)
Lage
Das Sigma liegt im linken Unterbauch in unmittelbarer Nachbarschaft zur Harnblase. Das Sigma kann unterschiedlich groß und lang sein. Hiervon hängt wesentlich die Fähigkeit ab, Stuhl zu speichern - und damit eine Kontinenz für Stuhl zu erreichen.
Funktion
Vorwiegend Speicherfunktion.
Besonderheiten
Das S. kann mit Formen der Darmspülung (wenigstens teilweise) entleert werden.
Teile des Sigma werden zur Bildung einer künstlichen Harnumleitung (hier: Kolonkonduit) verwendet.
Bei stärkerer Füllung wird die Harnblase nach rechts verdrängt, was zu einer Behinderung des Urinabflusses und damit zur Entstehung von Harnwegsinfektionen beitragen kann.
Mastdarm (Intestinum rectum) mit Ampulle (Ampulla recti)
Lage
Der etwa 10 cm lange Mastdarm liegt in der Mittellinie oberhalb des Afters.
Funktion
Speicherung von Stuhl.
Besonderheiten
Die Vorderseite des Mastdarmes liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zur Harnblase. Deshalb kann ein stärker gefüllter Mastdarm die Harnblase nach vorne abdrängen und die Blasenentleerung behindern. Der Mastdarm kann (selten) bei vollständiger Lähmung des Beckenbodens und chronischer Verstopfung vorfallen (Mastdarmvorfall).
Der M. ist mit einem Fingerling / Handschuh sowie mit einer Darmspülung zu entleeren.
Innerer Afterschließmuskel (M. sphincter ani internus)
Lage
Im unteren Teil des Mastdarmes.
Funktion
Unwillkürlicher Verschluss des Mastdarmes. Die Nervenversorgung erfolgt durch die Rückenmarksegmente Th 10 und S2-S4.
Besonderheiten
Bei Lähmung ist die Grundspannung des Muskels vermindert oder fehlt völlig. Deshalb kann der Stuhl nicht zurückgehalten werden: es kommt zu unkontrollierter Entleerung (Stuhlinkontinenz). Äußerer Afterschließmuskel (M. sphincter ani externus)
Lage
Am Darmausgang im Bereich des Überganges zwischen Darm und Haut.
Funktion
Willkürlicher Afterverschluss. Die Nervenversorgung erfolgt durch die Rückenmarksegmente (s.o.) S2-S4. Die Funktion kann durch eine Untersuchung mit einem Fingerling überprüft werden. Besonderheiten
Der äußere Schließmuskel ist meist vollständig gelähmt, wodurch der Stuhl willentlich nicht zurückgehalten werden kann.
Eine „normale“ oder erhöhte Grundspannung kann Ausdruck einer krankhaften neurologischen Überaktivität (z.B. eines Tethered cord) sein. Zu beachten ist, dass bei einer Erhöhung der Grundspannung des äußeren Afterschließmuskels auch der Harnblasenverschluss krankhaft erhöht sein kann, was durch eine Blasendruckmessung nachzuweisen ist.
In der Umgebung des Afters besteht eine hohe bakterielle Belastung mit Gefahr der Infektion der Harnblase vor allem bei Mädchen/Frauen durch Infektion des Scheidenvorhofes, von wo Bakterien in die Harnröhre und die Harnblase gelangen können.
Der After kann bei chronischer Stuhlverstopfung und abnormem Pressen zusammen mit dem
Mastdarm vorfallen (sog. Darmvorfall).
Beckenboden: Der B. begrenzt den unteren Teil des Beckens. Er wird durch mehrere Muskeln gebildet, die (beim Mann) vom After und der Harnröhre und (bei der Frau) von der Harnröhre und Scheide durchbrochen werden.
Rückenmarksegmente: Abschnitte (Segmente) des Rückenmarkes, aus denen Nerven entspringen, die Organe, Muskeln usw. nervös versorgen. Unterschieden werden Segmente des Halsrückenmarkes (abgekürzt: C 1-8), des Brustrückenmarkes (abgekürzt: Th 1-12) des Lendenrückenmarkes (abgekürzt: L 1-5) oder des Kreuzmarkes (abgekürzt S 1-5).
Letzte Bearbeitung: 01.05.2014